Wer oder was ist ein Overlander? Im Duden findet man dazu keinen Eintrag, denn es ist ein englischer Begriff der noch nicht im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch angekommen ist. Im Englischen findet man folgende Definition:
O´ver`land`er
One who travels over lands or countries; one who travels overland.
Webster’s Revised Unabridged Dictionary, published 1913 by C. & G. Merriam Co.
Also ganz einfach ein Overlander ist jemand der durch Landschaften oder Länder fährt. Also im weitesten Sinn ein Reisender der mit einem Fahrzeug durch die Weltgeschichte fährt.
So weit so gut, bevor wir auf die Reise aufgebrochen waren, haben wir uns um dieses Thema noch gar keine Gedanken gemacht. Auch haben wir unsere Reise ganz banal als solche bezeichnet und nicht etwa als Expedition.
Als wir dann eine Weile unterwegs waren merkten wir aber bald, dass es da tatsächlich einen Unterschied gibt zwischen dem normalen Urlauber oder Kurzzeitreisenden und einem echten Overlander.
Wer auf einer langen Reise unterwegs ist, muss sich um viele administrative Dinge kümmern, die bei einer normalen Urlaubsreise so nicht anfallen. Es müssen Visas besorgt werden, Dokumente für das Auto müssen vorhanden sein um überhaupt über Grenzen hinwegzukommen, Informationen über gute und verlässliche Schlafplätze sind wichtige Informationen und vieles mehr.
Somit ist es für echte Overlander enorm wichtig andere Overlander zu finden, mit denen sie dieses Wissen austauschen können. Man entwickelt schnell einen Radar um ander Overlander zu finden oder diese gleich zu erkennen. Das einfachste Erkennungsmerkmal anderer Overlander ist natürlich deren Fahrzeug. Meist sind Overlander mit Allradfahreugen unterwegs und diese stechen aus dem Meer der normalen Fahrzeugflotte heraus wie ein Viermaster mit voller Besegelung zwischen einem haufen Ruderboote. Die kleineren Fahrzeuge sind meist Toyota Landcruiser, Nissan Patrol, VW Busse oder Landrover Defender. Die grösseren dann Unimogs, MAN LKWs oder Magirus oder Mercedes der ein oder anderen Art. Kurz gesagt sehr leicht erkennbare Fahrzeuge, die ein Spezialist sofort erkennt.
Da die anderen Overlander ebenfalls immer Ausschau halten nach Mitgliedern dieser eigentlich unsichtbaren Gruppe, wird im Normalfall sofort angehalten und ein Gespräch angefangen, wenn sich die Wege kreuzen. Echte Overlander sind rar und entsprechend wertvoll sind solche Begegnungen.
Die Fragen sind immer die Gleichen – woher kommt ihr? wohin fahrt ihr? Wie war der Grenzübertritt und wie waren die Strassenverhältnisse? Die politische Lage ist natürlich auch immer ein Thema, denn manchmal werden ganze Gebiete für Ausländer gesperrt. Solche Treffen sind immer spannend und zu erzählen gibt es natürlich immer viel auf beiden Seiten.
Manchmal kommt es auch zum seltenen Fall, dass sich gleich mehrere Overlander an einem Ort treffen. Das sind dann die Highlights einer jeden Reise. Es wird zwar kein Seemansgarn gesponnen, aber die Geschichten sind immer abendfüllend und immer sehr sehr spannend. Man lacht über falsche Vorstellungen die man zu beginn der Reise hatte, über Erlebnisse mit den Zöllnern, Ärger mit den Behörden beim Beschaffen von Visas und vieles mehr.
Eine für uns weitere spannende Erkenntnis war die Tatsache, dass man oft weiss, welche Overlander noch im jeweiligen Land sind, obwohl man diese persönlich noch gar nie getroffen hat. In Pakistan oder im Iran waren Overlander so selten, dass wir zu jeder Zeit wussten wieviele andere noch im Land waren und wer das ist. Wir wussten so schon 4 Wochen vorher, dass wir eine Neuseeländerin mit dem Motorrad treffen würden, wenn wir nach Gilgit im hohen Norden Pakistans kommen würden. Gleichzeitig wussten die anderen Overlander auch, dass eine schweizer Familie mit Baby unterwegs ist. Lola war also schon bekannt bevor sie jemand getroffen hatte.
Das gute daran war, dass man immer über jemand anderes von solchen Personen erfuhr und man so auch die Möglichkeit hatte via Email auch von diesen Personen Informationen anzufordern. Man wusste zum Beispiel dass Person X vor ein paar Wochen den Karakorum Highway gefahren war. Also schrieb man eine Email und fragte nach wie die Strecke war und ob es sonst noch Informationen gäbe die hilfreich sind.
Obwohl es keinen Stempel oder irgendetwas gibt, der einen als Overlander ausweist, ist der Zusammenhalt in dieser rein virtuellen Gruppe extrem gut. Jeder weiss wie wichtig gute Informationen sind und gibt seine Erfahrungen auch gerne weiter. Im Gegenzug bekommt man für die nächsten Gebiete die man bereisen möchte von den Anderen auch wieder Informationen zum jeweiligen Gebiet. Und im Internet findet man eben nicht alle Informationen. Auch wenn wir mit unserer Webseite natürlich auch versuchen möchten einen Teil unseres Erfahrungsschatzes weiterzugeben.
Wir haben uns immer sehr gefreut andere Overlander zu treffen, denn diese sind sehr rar. Die Ersten hatten wir in der Türkei getroffen, dann wieder in Pakistan, Indien und Nepal. In Neuseeland gab es keine und in Australien zum Glück ein paar mehr. Zu den meisten haben wir nach wie vor Kontakt, was zeigt wie gut dieses Beziehungsnetzwerk hält.