Die letzten fünf Tage waren leider wieder einmal harte Fahrtage obwohl das von uns ganz anders geplant war. Eigentlich wollten wir vom Kinnaurvalley langsam in Richtung nepalesische Grenze fahren und in Mussorie und Almora Halt machen. Diese beiden Orte (hill stations) waren im Reiseführer beschrieben und hörten sich ganz gut an für uns.
Da wir aber noch immer voll in der Monsunzeit untwerwegs sind, gab es entsprechend viel Regen und der machte uns dann doch das Leben schwerer als erwartet. Waren wir in den vergangenen Wochen eher auf brettharten Strassen bzw. Pisten untwerwegs gewesen, so dominierte nun eher der Schlamm. Es gab zwar immer noch genügend Rumpelpisten, dort wo es halbwegs trocken war, aber dazwischen hatten wir es mit vielen Erdrutschen, weggebrochenen Strassen und tiefvermatschten Abschnitten zu tun. Wir beteten jeden Tag, dass wir nicht irgendwann an eine Stelle kommen würden, die gar nicht mehr passierbar wäre. Ein paar Mal war es nahe dran, aber Nanuk hat uns glücklicherweise immer irgendwie durchgebracht. Aber wir mussten zwei Mal unsere Stossdämpfer ausbauen und die Gummidämpfer ersetzen.
Man kann die Verhältnisse schwer beschreiben, die da herrschen, denn so etwas kennen wir selbst aus den Bergregionen in der Schweiz nicht. Die Strassenqualität ist überhaupt nicht zu vergleichen und logischerweise wird zu Hause auch viel mehr Geld in den Strassenbau gesteckt. Dummerweise ist aber auch an den Stellen, wo in Indien gebaut wird, die Qualität so lausig, dass selbst neue Strassen weggbrechen, weil wieder irgendjemand vergessen hat die Betonröhren einzubauen, die für die Entwässerung gedacht waren. Oder sonst irgendwo gespart wurde.
So laufen dann Sturzbäche über die Strasse und in einer Nacht wird dann die Hälfte davon weggespült. Oder gleich komplett…Vielleicht konnte auch ein windiger Bauunternehmer die Röhren für ein anderes Projekt gebrauchen. Man sieht hier an allen Ecken und Enden, dass irgendwo schon Leute sitzen, die vom Strassenbau eine Ahnung haben, aber es gibt wie immer keine Kontrollinstanz, welche die Umsetzung überwacht. Oder die Leute vor Ort sind einfach so schlecht ausgebildet und wissen es nicht besser. Was man hier den lieben langen Tag an frischen Bausünden sieht ist schlecht in Worte zu fassen. Obwohl wir keine Bauingenieure sind, sehen wir dass das was da gebaut wird schon mit blossem Menschenverstand völliger Murks ist.
Auf alle Fälle schafften wir es am dritten Fahrtag nach Mussorie zu kommen, wo laut Lonely Planet Reiseführer nun Nebensaison hätte sein müssen. Aber schon zehn Kilometer vorher an den Kelly Falls wurde klar, dass das nicht ganz stimmen kann. Der übliche (R)Inderwahnsinn liess uns böses Erahnen. Autos ohne Ende, Verkehrsregelung wie immer Fehlanzeige. Das Resultat – Chaos! (auch wie immer)
Und wer dachte es könnte nicht schlimmer kommen, sah sich eines besseren belehrt. Schlimmer geht immer – oder soll ich sagen Inder? Was sich da an Verkehr durch dieses Bergstädtchen quälte, kann locker mit downtown Dehli mithalten, vermutlich war auch halb Dehli hier oben. Das muss eine der Top indischen Touristendestinationen sein. Und wenn man bedenkt dass vermutlich 50 Millionen Menschen im näheren Einzugsgebiet wohnen, kann man sich vostellen was los ist, wenn nur ein Prozent davon auf die Idee kommt gerade hier Ferien zu machen.
Jedenfalls waren alle Zimmer belegt und wir nahmen so schnell wie möglich Reissaus. Wobei schnell relativ ist…Wir quälten uns durch die Rikschas, Autos, Mopeds Fussgänger und Kühe und was sich sonst noch so auf indiens Strassen rumtreibt, bis wir durch waren.
Dummerweise bogen wir an einer Stelle falsch ab und landeten in einer engen Gasse. Schmal war nur der Vorname und wir suchten verzweifelt nach einer Möglichkeit zum drehen. Die kam nach rund 500 Metern. Nur blöd dass in der Zwischenzeit andere Autos auch diesen Weg nahmen. Denn Einbahnstrassen sind hier ein Fremdwort (oder es interessiert dann keinen). Millimeterweise ging’s voran und brauchten für den Weg zurück rund eine Dreiviertelstunde. Es war wieder einmal der Horror- aber glücklicherweise regt sich hier niemand über irgendwas auf.
Wir machten noch zwei Versuche weiter ausserhalb ein Hotel zu finden, die waren aber so hoffunglos überteuert und gleichzeitig heruntergekommen, dass wir beschlossen eine Platz zum wildcampen zu suchen. Die indischen Touristen sind offensichtlich sehr leidensfähig, was schäbige Hotels angeht.
Nach diesem Frust wollten wir dann unsere zweite Karte ausspielen, nämlich Almora. Das war uns von einem anderen Overlander empfohlen worden.
Also kämpften wir uns weiter durch die vielen Berge. Die Landschaft eigentlich sehr schön, aber wir kamen nur schleppend voran auf den schmalen, steilen und superkurvigen Strässchen. Zeit zum schauen hatten wir jedenfalls nicht viel. Das wäre viel zu gefährlich gewesen. Es gibt hier ja keine Leitplanken und wenn man immer nur einen Meter zwischen sich und irgendwelchen Abgründen hat, lässt man die nötige Vorsicht walten. Zu oft hatten wir in Schluchten Autowracks liegen sehen.
Dazu kamen immer wieder Schlammpassagen mit Gegenverkehr. Wir schafften nicht mal 30 Kilometer in der Stunde. An einem Tag war unsere höchste Geschwindigkeit sage und schreibe 45 km/h. Wir schafften mit Müh und Not 120 – 140 Kilometer am Tag. Dann waren wir aber rund 8 Stunden untwerwegs.
Und dann ereilte uns doch noch das Schicksal, mit einem weiteren „road block“. Wir fuhren in einen Stau und erfuhren, dass die Strasse schon seit 3 Tagen blockiert sei und man am Arbeiten wäre. Damit war die Strecke nach Almora also auch blockiert und wir mussten ein Stück zurück um die Strasse nach Süden zu nehmen. Von dort wäre es ein riesiger Umweg wieder hinauf nach Almora gewesen. Aber noch einmal so tief in die Berge hinein wollten wir dann auch nicht fahren. Zumal die Chance für weitere Erdrutsche natürlich immer besteht. Wir wollten unser Glück nicht weiter herausfordern. Also nahmen wir den direkten Weg zur nepalesischen Grenze.